„Ich bereue gar nichts“

Die NEUE SÜDTIROLER TAGESZEITUNG über den Tod von Thomas Göller (2010)

Die Leiche von Thomas Göller wird heute obduziert. Die „Tageszeitung“ rekonstruiert die letzten Monate im Leben des zu lebenslanger Haft verurteilten Mörders – und einen angekündigten Suizid.

Für Markus Mayr ist die Sache eigentlich klar. „Es gibt sehr eindeutige Indizien, die auf einen Suizid hinweisen“, sagt der Staatsanwalt am Landesgericht in Bozen. Dennoch hat Markus Mayr im Fall Thomas Göller eine Autopsie angeordnet. „Um auch die letzten Zweifel auszuräumen“, so der Staatsanwalt gestern gegenüber der „Tageszeitung“. Die Leiche von Thomas Göller ist am Montagnachmittag von einem Pilzeklauber auf der Joan-Wiese in Barbian aufgefunden worden. Neben der Leiche lag ein Revolver älterer Bauart.

Thomas Göller

„Es deutet alles da – rauf hin, dass sich Göller selbst in den Mund geschossen hat“, sagt Staatsanwalt Markus Mayr. Sollten sich bei der Autopsie, die heute Vormittag an der Pathologie im Bozner Krankenhaus durchgeführt wird, Schmauchspuren im Mund des Toten finden, wäre für die Ermittlung ein Selbstmord so gut wie bewiesen. Auch für die Bekannten und Freunde von Thomas Göller ist ein Suizid die plausibelste Todesursache. „Er hat zuletzt mehrmals gesagt, dass er sich eine Pistole kaufen und Schluss machen wolle“, sagt ein guter Bekannter Göllers gegenüber der „Tageszeitung“. Thomas Göller war eine der schillernden Figuren der jüngeren Südtiroler Kriminalgeschichte.

Mit einer ganzen Serie von Banküberf.llen verschaffte sich der junge Thomas Göller Anfang der 90er-Jahre hohes „Ansehen“ im lokalen Kriminellen- Milieu. „Er war ein wilder Hund“, erinnert sich ein ehemaliger Komplize. Thomas Göller sah gut aus, hatte Geld – und Frauen. Am 3. Mai 1994 zerstörte er sein Leben und das Leben einer ganzen Familie: Thomas Göller erschoss in Elvas seine Ex-Lebenspartnerin Monika Mor, mit der er einen gemeinsamen Sohn hatte. Tatmotiv: Eifersucht. Er stellte sich den Carabinieri und wurde im Mai 1995 zu lebenslanger Haft verurteilt. Lebenslang heißt in Italien aber nicht lebenslang. Im Jahr 2001 bot sich Thomas Göller den Sicherheitsbehörden als „Kronzeuge“ an, gestand ein Dutzend Raubüberf.lle und ein weiteres Dutzend Diebstähle. Für mehrere (angebliche) Bandenmitglieder klickten die Handschellen. Im Gegenzug erhielt Thomas Göller zunächst Hafterleichterungen, und seit gut einem Jahr war der verurteilte Mörder in Halbfreiheit – sehr zum Ärger der Angehörigen des Mordopfers.

Thomas Göller arbeitete für die Sozialgenossenschaft „Odos“ in Bozen, er durfte sogar außerhalb des Kerkers schlafen. Eine seiner Stammkneipen war eine Bar unweit der Carabinieri-Kaserne, eine zweite in der Cavour-Straße. Bekannte von Thomas Göller berichten übereinstimmend, dass es dem inzwischen 43-Jährigen zuletzt schlecht gegangen sei. Er habe getrunken, und es habe auch Probleme in der Sozialgenossenschaft gegeben. Als sich Thomas Göller nach dem 13. Juni nicht mehr bei der Sozialgenossenschaft gemeldet hatte, wurde Thomas Göller zur Fahndung ausgeschrieben. „Wir haben nach ihm gesucht“, bestätigte ges – tern Staatsanwalt Markus Mayr. Hätte man Goller geschnappt, wäre er verhaftet worden. Die Nichteinhaltung der Auflagen im Falle von Halbfreiheit kommt dem Straftatbestand eines Gefängnisausbruchs gleich.

Markus Mayr

Thomas Göller hätte die Reststrafe dann wohl im Knast absitzen müssen. Auch den Carabinieri war indes zu Ohren gekommen, dass Thomas Göller mehrmals die Absicht geäußert habe, sich eine Pistole zu kaufen und sich umzubringen. „Er war psychologisch in einem sehr schlechten Zustand“, sagt Staatsanwalt Mayr. Der Staatsanwalt lässt auch deswegen eine Autopsie durchführen, um die Familie Mor zu schützen. Der Vater des Mordopfers, Helmut Mor, hatte vor wenigen Monaten in mehreren Medieninterviews die vorzeitige Haftentlassung von Thomas Göller auf das Schärfste kritisiert (was menschlich mehr als verständlich ist). Durch die eindeutige Feststellung der Todesursache will Staatsanwalt Markus Mayr sicherstellen, dass – wie er sagt – „keine wie auch immer gearteten Gerüchte aufkommen“. Selbst jene Bekannten, die Thomas Göller in den vergangenen Monaten helfen wollten, in ein halbwegs normales Leben zurückzukehren, waren schockiert darüber, dass der Mann bis zuletzt keine Reue zeigte.

Erst vor wenigen Wochen diskutierten Thomas Göller und einige Bekannte in einer Bar über einen Zeitungsartikel, in dem kritisiert wurde, dass ein zu lebenslanger Haft verurteilter Mörder (wie er) nach wenigen Jahren wieder freikomme. Bei der Gelegenheit sagte Thomas Göller, er bereue seine Tat keineswegs. Und er sagte wörtlich: „Ich würde es noch einmal tun …“ Die Bekannten in der Bar waren über diese Aussage schockiert.

Die großen Kriminalfälle V

edition AROB

Am 3. Mai 1994 verabschiedet sich die 23-jährige Monika Mor von ihrem eineinhalbjährigen Sohn und fährt zur Arbeit. An der Kreuzung in Elvas lauert ihr Ex-Freund Thomas Göller.
Im Handschuhfach seines Autos liegt ein Pistole. Kurz darauf fallen fünf Schüsse …
Der Mordfall Monika Mor war einer der spektakulärsten Kriminalfälle des 20. Jahrhunderts in Südtirol. Im Buch erzählt der Vater des Mordopfers erstmals, wie er das Problem vor 16 Jahren hatte lösen wollen: Helmut Mor hatte, um seine Tochter zu retten, einen Killer angeheuert, doch Thomas Göller war ihm zuvorgekommen.
True Crime vom Feinsten!
Weiters in Band V: Der Aufsehen erregende Mord an der Kinderdorf-Mutter Maria Moling am Gründonnerstag des Jahres 1982 im Kinderdorf Brixen, sowie zwei Eifersuchtsmorde in Meran und Bozen.

ISBN 978-88-88396-13-2
Hardcover – 380 Seiten
Preis Italien: Euro 33,00
Preis Ausland (D-A-CH): Euro 34,00

„Ich bereue gar nichts“

Die NEUE SÜDTIROLER TAGESZEITUNG über den Tod von Thomas Göller (2010)

Die Leiche von Thomas Göller wird heute obduziert. Die „Tageszeitung“ rekonstruiert die letzten Monate im Leben des zu lebenslanger Haft verurteilten Mörders – und einen angekündigten Suizid.

Für Markus Mayr ist die Sache eigentlich klar. „Es gibt sehr eindeutige Indizien, die auf einen Suizid hinweisen“, sagt der Staatsanwalt am Landesgericht in Bozen. Dennoch hat Markus Mayr im Fall Thomas Göller eine Autopsie angeordnet. „Um auch die letzten Zweifel auszuräumen“, so der Staatsanwalt gestern gegenüber der „Tageszeitung“. Die Leiche von Thomas Göller ist am Montagnachmittag von einem Pilzeklauber auf der Joan-Wiese in Barbian aufgefunden worden. Neben der Leiche lag ein Revolver älterer Bauart.

Thomas Göller

„Es deutet alles da – rauf hin, dass sich Göller selbst in den Mund geschossen hat“, sagt Staatsanwalt Markus Mayr. Sollten sich bei der Autopsie, die heute Vormittag an der Pathologie im Bozner Krankenhaus durchgeführt wird, Schmauchspuren im Mund des Toten finden, wäre für die Ermittlung ein Selbstmord so gut wie bewiesen. Auch für die Bekannten und Freunde von Thomas Göller ist ein Suizid die plausibelste Todesursache. „Er hat zuletzt mehrmals gesagt, dass er sich eine Pistole kaufen und Schluss machen wolle“, sagt ein guter Bekannter Göllers gegenüber der „Tageszeitung“. Thomas Göller war eine der schillernden Figuren der jüngeren Südtiroler Kriminalgeschichte.

Mit einer ganzen Serie von Banküberf.llen verschaffte sich der junge Thomas Göller Anfang der 90er-Jahre hohes „Ansehen“ im lokalen Kriminellen- Milieu. „Er war ein wilder Hund“, erinnert sich ein ehemaliger Komplize. Thomas Göller sah gut aus, hatte Geld – und Frauen. Am 3. Mai 1994 zerstörte er sein Leben und das Leben einer ganzen Familie: Thomas Göller erschoss in Elvas seine Ex-Lebenspartnerin Monika Mor, mit der er einen gemeinsamen Sohn hatte. Tatmotiv: Eifersucht. Er stellte sich den Carabinieri und wurde im Mai 1995 zu lebenslanger Haft verurteilt. Lebenslang heißt in Italien aber nicht lebenslang. Im Jahr 2001 bot sich Thomas Göller den Sicherheitsbehörden als „Kronzeuge“ an, gestand ein Dutzend Raubüberf.lle und ein weiteres Dutzend Diebstähle. Für mehrere (angebliche) Bandenmitglieder klickten die Handschellen. Im Gegenzug erhielt Thomas Göller zunächst Hafterleichterungen, und seit gut einem Jahr war der verurteilte Mörder in Halbfreiheit – sehr zum Ärger der Angehörigen des Mordopfers.

Thomas Göller arbeitete für die Sozialgenossenschaft „Odos“ in Bozen, er durfte sogar außerhalb des Kerkers schlafen. Eine seiner Stammkneipen war eine Bar unweit der Carabinieri-Kaserne, eine zweite in der Cavour-Straße. Bekannte von Thomas Göller berichten übereinstimmend, dass es dem inzwischen 43-Jährigen zuletzt schlecht gegangen sei. Er habe getrunken, und es habe auch Probleme in der Sozialgenossenschaft gegeben. Als sich Thomas Göller nach dem 13. Juni nicht mehr bei der Sozialgenossenschaft gemeldet hatte, wurde Thomas Göller zur Fahndung ausgeschrieben. „Wir haben nach ihm gesucht“, bestätigte ges – tern Staatsanwalt Markus Mayr. Hätte man Goller geschnappt, wäre er verhaftet worden. Die Nichteinhaltung der Auflagen im Falle von Halbfreiheit kommt dem Straftatbestand eines Gefängnisausbruchs gleich.

Markus Mayr

Thomas Göller hätte die Reststrafe dann wohl im Knast absitzen müssen. Auch den Carabinieri war indes zu Ohren gekommen, dass Thomas Göller mehrmals die Absicht geäußert habe, sich eine Pistole zu kaufen und sich umzubringen. „Er war psychologisch in einem sehr schlechten Zustand“, sagt Staatsanwalt Mayr. Der Staatsanwalt lässt auch deswegen eine Autopsie durchführen, um die Familie Mor zu schützen. Der Vater des Mordopfers, Helmut Mor, hatte vor wenigen Monaten in mehreren Medieninterviews die vorzeitige Haftentlassung von Thomas Göller auf das Schärfste kritisiert (was menschlich mehr als verständlich ist). Durch die eindeutige Feststellung der Todesursache will Staatsanwalt Markus Mayr sicherstellen, dass – wie er sagt – „keine wie auch immer gearteten Gerüchte aufkommen“. Selbst jene Bekannten, die Thomas Göller in den vergangenen Monaten helfen wollten, in ein halbwegs normales Leben zurückzukehren, waren schockiert darüber, dass der Mann bis zuletzt keine Reue zeigte.

Erst vor wenigen Wochen diskutierten Thomas Göller und einige Bekannte in einer Bar über einen Zeitungsartikel, in dem kritisiert wurde, dass ein zu lebenslanger Haft verurteilter Mörder (wie er) nach wenigen Jahren wieder freikomme. Bei der Gelegenheit sagte Thomas Göller, er bereue seine Tat keineswegs. Und er sagte wörtlich: „Ich würde es noch einmal tun …“ Die Bekannten in der Bar waren über diese Aussage schockiert.

Die großen Kriminalfälle V

edition AROB

Am 3. Mai 1994 verabschiedet sich die 23-jährige Monika Mor von ihrem eineinhalbjährigen Sohn und fährt zur Arbeit. An der Kreuzung in Elvas lauert ihr Ex-Freund Thomas Göller.
Im Handschuhfach seines Autos liegt ein Pistole. Kurz darauf fallen fünf Schüsse …
Der Mordfall Monika Mor war einer der spektakulärsten Kriminalfälle des 20. Jahrhunderts in Südtirol. Im Buch erzählt der Vater des Mordopfers erstmals, wie er das Problem vor 16 Jahren hatte lösen wollen: Helmut Mor hatte, um seine Tochter zu retten, einen Killer angeheuert, doch Thomas Göller war ihm zuvorgekommen.
True Crime vom Feinsten!
Weiters in Band V: Der Aufsehen erregende Mord an der Kinderdorf-Mutter Maria Moling am Gründonnerstag des Jahres 1982 im Kinderdorf Brixen, sowie zwei Eifersuchtsmorde in Meran und Bozen.

ISBN 978-88-88396-13-2
Hardcover – 380 Seiten
Preis Italien: Euro 33,00
Preis Ausland (D-A-CH): Euro 34,00

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